POLITURA

24. April 2014 by in INTERVIEWS
Politura Showroom, Foto © Politura

Bei Politura in Berlin-Neukölln findet man Mid Century Design aus Polen. Zugegeben, Polen ist nicht gerade als Design-Nation bekannt, aber gerade das machte uns neugierig, mehr über den charmanten Laden zu erfahren. Wir trafen den Inhaber Michael Szarko und erfuhren so einiges über die Möbel aus Tagen des Kommunismus.

 

 

Wie muss man sich Eure Möbel-Suche vorstellen?

 

Während ich mich hier in Berlin um den Shop kümmere, ist mein Kollege Przybyrad Paszyn in Polen tätig. Inzwischen wissen natürlich Freunde und Familien von unserem Business und halten Augen und Ohren offen, was Bekannte loswerden möchten oder noch im Keller haben.

 

Gibt es in Polen Mid Century Design en masse oder sind es vereinzelte Glücksgriffe?

 

Im Kommunismus herrschte chronische Materialknappheit. Aufwendig gearbeitete Möbel waren privilegierten Privatpersonen, d.h. Staatsmännern oder staatlichen Einrichtungen vorbehalten. Aber es gibt auch einfache, solide gearbeitete Möbel, die man in vielen Haushalten findet. Wir haben beides im Laden. Außerdem haben wir einen polnischen Mid Century Lounge Chair neu aufgelegt und lassen diesen in Polen produzieren.

 

 

In Deutschland reißt sich die junge Generation mittlerweile um so ziemlich jeden noch so schäbigen Flohmarktstuhl. Gibt es diesen Vintage-Trend auch in Polen zu beobachten?

 

In großen Städten wie Warschau oder Danzig, wo es eine Kreativszene gibt, da gibt es das. Aber den Trend, dass man lieber günstige gebrauchte Möbel kauft, die qualitativ hochwertig sind, anstatt zu Ikea zu gehen, das ist in Polen noch nicht angekommen. Es liegt mit Sicherheit auch daran, dass es die großen Einrichtungshäuser erst seit Mitte der 90er Jahre gibt. Die Mehrheit möchte den ‚alten Kram’ loswerden.

 

 

 

Gibt es einen polnischen Gestalter aus der damaligen Zeit, den wir unbedingt kennen sollten?

 

Das ist ein schwieriges Thema, mit dem wir uns jedoch auseinander setzen. Es ist tatsächlich so, dass durch die Verstaatlichung aller Betriebe die Namen der meisten Gestalter unbekannt blieben. Wir haben schon viel Zeit in Archiven verbracht, um Namen und Entwürfe zusammen zu bringen. Wenn es Dir dann gelingt, den ein oder anderen Namen aufzuspüren, tut sich direkt das nächste Problem auf: Du findest nichts Weiterführendes, wie Zeitungsartikel oder ähnliches.

 

 

Ihr habt in letzter Zeit viel Aufmerksamkeit geweckt mit Eurem Laden-Konzept. Was waren die Highlights?

 

Ich bin allgemein begeistert von den Reaktionen auf unsere Geschäftsidee. Wir hatten letzten Monat ein Kamera-Team aus Japan hier. Das Interesse hat mich zum einen sehr geehrt, aber es war auch wahnsinnig lustig. Als die Kameras angingen  hüpfte der Moderator wie von der Tarantel gestochen im Laden umher. Der Moderations-Stil wirkte auf mich als Europäer etwas hysterisch und aufgesetzt, so dass ich Mühe hatte, ernst zu bleiben und seine Fragen zu beantworten. Ein weiteres Highlight war, dass ‚Kowalski und Schmidt’ voreinigen Wochen Politura als Kulisse für Ihre Sendung gewählt haben. Das deutsch-polnische Magazin ist alle zwei Wochen beim RBB zu sehen und wird auch im polnischen Fernsehen gezeigt. Zudem hat uns der tip in seiner aktuellen Ausgabe einen Artikel gewidmet. Es ist schön zu sehen, dass man etwas bewegt…